Gehaltserhöhungen bei der ARD:
16 Prozent oder 2 Prozent?
Das sind doch mal gute Nachrichten: Beim rbb stieg das Gehalt 2021 um rund 16 Prozent. Kleiner Schönheitsfehler: Es geht hier leider nicht um die Redakteurinnen und Redakteure, auch nicht um die Honorare der freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Zuwachs entfiel auf eine einzige Spitzenkraft: rbb-Intendantin Patricia Schlesinger. Nach den jetzt publizierten Zahlen der Gehälter der Anstaltsspitzen steigerte sie Salär von 261.000 auf 303.000 Euro. Spitzenreiter in der Gehaltsliste bleibt WDR-Intendant Tom Buhrow, der 2021 rund 413.000 Euro bezogen hat. Schlesingers Gehalt liegt im mittleren Bereich der ARD-Anstalten. Vergleichbare Sender zahlen 305.000 (Manfred Krupp beim HR) bzw. 295.000 Euro (Karola Wille beim MDR).
Nach einem Bericht der WELT konnten sich beim rbb auch die Direktorinnen und Direktoren über eine ordentlich Erhöhung freuen - ihre Gehälter stiegen 2021 um rund 12 Prozent auf durchschnittlich 17.708 Euro im Monat.
Das sollte uns für die anstehenden Gespräche über den neuen rbb-Staatsvertrag und vor allem für die nächsten Gehaltstarifverhandlungen Mut machen. Die letzte Tariferhöhung für die Beschäftigten gab es am 1. Oktober 2021, sie betrug 2,0 Prozent.
Eine Neiddebatte über die vermeintlich zu hohen Gehälter der Intendantinnen und Intendanten ist aber fehl am Platze. Immerhin leiten sie komplexe Großunternehmen und tragen eine hohe Verantwortung. Dass es hier trotzdem mit schönster Regelmäßigkeit zu Diskussionen kommt, mag daran liegen, dass die Anstalten solche Angaben viel zu lange unter dem Deckel hielten. Erst vor gut zehn Jahren kamen die ersten Intendanten-Gehälter ans Licht. Aber auch das geschah - leider - nicht freiwillig. Dem WDR wurde als erster Anstalt ins Gesetz geschrieben, dass er die Gehälter seiner obersten Führungsebene individuell im Geschäftsbericht ausweisen muss. Beim HR dauerte es bis 2017, bis das Gehalt des Intendanten öffentlich gemacht wurde. Diesen Schlamassel hat sich die ARD also selbst eingebrockt.
Nötig wäre es gar nicht. Denn im Vergleich zu privaten Medienunternehmen nehmen sich die Intendanten-Gehälter ganz anders aus. Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner oder Bertelsmann-Boss Thomas Raabe verdienen Jahr für Jahr im - nicht mal besonders niedrigen - Millionenbereich. Auch bei kleineren Zeitungshäusern wird besser gezahlt als im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Und selbst im Vergleich mit anderen öffentlich-rechtlich organisierten Einrichtungen wie zum Beispiel Sparkassen oder Stadtwerken gehören die Intendantinnen und Intendanten nicht zu den Meistverdienenden.
Was eine Anekdote aus dem WDR beweist. Als dort endlich die Spitzengehälter veröffentlicht waren, meinte eine Führungskraft, sie habe prinzipiell auch gar nichts dagegen. Nur würden die Kollegen von RTL sie jetzt immer so gönnerhaft zum Kaffee einladen, weil man beim WDR ja so schlecht verdiene…
Steffen Grimberg