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Tarifeinheitsgesetz

An Arbeitsgerichte verschoben


Der Deutsche Journalisten-Verband sieht in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Tarifeinheitsgesetz einen Verschiebebahnhof zu den Arbeitsgerichten.


Das Bundesverfassungsgericht hat am Dienstagmorgen das Tarifeinheitsgesetz in weiten Teilen für verfassungskonform erklärt, aber dem Gesetzgeber aufgetragen, die Interessen der Berufsgewerkschaften besser zu schützen (Az. 1 BvR 1571/15). Es ließ ausdrücklich die Befassung der Fachgerichte mit Teilaspekten der Tarifeinheit zu. Karlsruhe sieht darüber hinaus die Gefahr, "dass die Belange der Angehörigen einzelner Berufsgruppen oder Branchen bei der Verdrängung bestehender Tarifverträge einseitig vernachlässigt werden". Der Gesetzgeber müsse hier Abhilfe schaffen. Weiter heißt es in der Mitteilung aus Karlsruhe: "Bis zu einer Neuregelung darf ein Tarifvertrag im Fall einer Kollision im Betrieb nur verdrängt werden, wenn plausibel dargelegt ist, dass die Mehrheitsgewerkschaft die Belange der Angehörigen der Minderheitsgewerkschaft ernsthaft und wirksam in ihrem Tarifvertrag berücksichtigt hat." Zwei Verfassungsrichter gaben ein Sondervotum zu dem Gesetz ab, das die Kritik der Berufsgewerkschaften stützte. Das Gesetz greift immer dann, wenn es in einem Betrieb mehrere Tarifverträge für die gleichen Berufsgruppen gibt und die Gewerkschaften sich nicht einigen können. Dann soll der Tarifvertrag gelten, den die mitgliederstärkste Gewerkschaft mit dem Arbeitgeber vereinbart hat. Spiegel Online bezeichnet das Gesetz als "Streikbremse für Kleingewerkschaften" und prophezeit "jahrelange Rechtsunsicherheit und viel Stoff für Streit um Streiks und Tarifverträge, nicht nur zwischen den Gewerkschaften, sondern auch zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern". Dass viele Fragen trotz des Gerichtsbeschlusses noch ungeklärt sind, schreibt auch die Süddeutsche. "Weitgehend einig sind sich die Beobachter über eine Folge des Urteils: Für die Arbeitsgerichte wird es in Zukunft mehr Arbeit geben", heißt es dort in einer Analyse.Der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall erwartet von den Arbeitsgerichten, dass sie das Sondervotum der Verfassungsrichter Baer und Paulus berücksichtigten: "Über den Umweg der Arbeitsgerichte kann das Tarifeinheitsgesetz dann erneut in Karlsruhe landen." grm

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