Nach eineinhalb Jahren Corona:
Back ins Office?
Foto: Steffen Grimberg (privat)
Viele von Euch werden wie ich in den vergangenen 18 Monaten eine ganz neue Arbeitswelt kennengelernt haben: das Homeoffice. Mit seinen Annehmlichkeiten wie dem entfallenden Anfahrtsweg und dem heimischen Kühlschrank in Reichweite. Aber auch mit Schwierigkeiten, wenn der Arbeitsplatz zwischen Wohn- und Schlafzimmer improvisiert werden musste und auch noch Homeschooling und Kinderbetreuung angesagt war.
Angesichts der aktuellen Impfquoten und der derzeit entspannteren Corona-Lage lautet jetzt ein Trend: „zurück ins Büro“. Gelockerte gesetzliche Bestimmungen, verbesserte Hygienekonzepte in den Unternehmen tun ein Übriges. Auch in manchen Medienbetrieben sehen wir die Tendenz, allmählich das Homeoffice zu reduzieren. Das führt natürlich zu Sorgen bei denjenigen, die sich lieber weiter im Homeoffice schützen wollen oder erstmal die Kinderbetreuung neu organisieren müssen.
Natürlich wird (noch?) nirgendwo die volle Woche in Präsenz angeordnet. Es ist eher von zwei oder drei Tagen die Rede, an denen z.B. wichtige Planungsrunden oder Konferenzen stattfinden. Viele Kolleginnen und Kollegen wünschen sich auch zurück in die Redaktion, weil sie merken, dass sich per Videoschalte zwar die Routine recht gut organisieren lässt, aber der Gedanken- und Ideenaustausch am Kaffeeautomaten, auf dem Gang und direkt am Arbeitsplatz fehlt.
Auch ich bin ein wenig müde, meine Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner immer nur als Kachel auf dem Monitor zu sehen. Als Vorstand des DJV Berlin-JVBB treffen wir uns seit August wieder in Präsenz, wobei sich einzelne auch zuschalten lassen können.
Studien belegen, wie gut Redaktionen im „Remote-Modus“ funktioniert haben und weiter funktionieren. Ich bin daher überzeugt, dass die „Normalität“ auch künftig nicht mehr so aussehen wird wie vor dem März 2020.
Der österreichische Journalist und Medienmanager Marcus Hebein hat Medienunternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz unter die Lupe genommen: Mindestens ein Drittel der Befragten will auch künftig regelmäßig von zu Hause arbeiten und Hybrid-Modelle werden sich durchsetzen.
Dafür brauchen wir aber auch verlässliche Regeln. In manchen Medien gibt es schon Betriebsvereinbarungen, wie Homeoffice ausgestaltet wird. Unternehmen möchten Büroraum einsparen, die Beschäftigten die Fahrzeit zum Arbeitsplatz. Auszuhandeln ist dabei die Ausstattung fürs Homeoffice und wer sie bezahlt. Auch der Datenschutz muss gewährleistet sein.
Beim rbb haben wir als Gewerkschaft gerade angefangen, einen Tarifvertrag dazu auszuhandeln. Es geht um „New Work“, wie Hebein es nennt. Mit dieser neuen Art des Arbeitens müssen sich alle Medienhäuser auseinandersetzen, wenn sie mit den gewachsenen Ansprüchen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mithalten und als Arbeitgeber weiter attraktiv sein wollen.
Steffen Grimberg