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Rundfunkstaatsvertrag

Neue Regeln, neue Spielräume

13.06.2022

Welche dieser drei Sachen ist für die Medienpolitik so wichtig, dass es ohne sie es schlicht nicht gehen würde? a) ein Rundfunkstaatsvertrag b) Sachsen Anhalt c) ein Kamin?

Natürlich der Kamin. Denn in seiner wohligen Wärme werden im milden Schein knackender Buchenscheite wichtige Kompromisse ausgezankt, letzte Formulierungen zu unbestimmten Rechtsbegriffen verwässert und Rundfunkstaatsverträge beschlossen. Es sei denn, Sachsen-Anhalt wirft wieder feuchte Birke ins Feuer wie 2020 bei der Erhöhung des Rundfunkbeitrags. Dann qualmts gewaltig in der Hütte und am Ende muss das Bundesverfassungsgericht ran, um die Scheite beiseite zu schaffen.

Vergangene Woche war es wieder so weit. Die Ministerpräsidentenkonferenz hat sich auf einen neuen Medienstaatsvertrag für ARD, ZDF und Deutschlandradio verständigt. Die letzten Kompromisse, s.o., wurden in kleiner Runde „am Kamin“ ausgehandelt, wobei der heutzutage meistens nur noch symbolisch gemeint ist. Den Sendern eröffnen die künftigen Regeln neue Spielräume: Im Fernsehbereich wird flexibilisiert, d. h. die Anstalten können selbst entscheiden, wie es mit den Spartenkanälen weitergeht. Nur noch das „Erste“, das „Zweite“, die Dritten Programme und die mit internationalen Partnern veranstalteten Kanäle Arte und 3sat sind verbindlich vorgeschrieben.

Damit ist der alte Rundfunk so gut wie passé, die öffentlich-rechtlichen Medien können endlich voll in die digitale Zeit aufbrechen. Gut so! Denn die Entscheidung, ob ein Angebot künftig weiter klassische linear als Sender, oder besser im Netz per Stream oder App daherkommt, kann nicht die Politik viele Jahre im voraus festschreiben. Dies wird auch Auswirkungen auf den kommenden RBB-Staatsvertrag haben, der wegen politischer Unstimmigkeiten 2021 an genau diesem Punkt gescheitert war.

Dass die Politik den Sendern neue Freiheiten im Netz eröffnet, ohne sie gleichzeitig anderswo zu beschneiden, ist klug. Das zeigt auch die nochmalige Ausweitung des Telemedien-Auftrags, also der Spielregeln für Internet Angebote. Denn hier werden unsinnige Zöpfe wie der manchmal krampfhaft bemühte Sendungsbezug für Online-Inhalte abgeschnitten. Dass den Verlagen und Privatsendern dies überhaupt nicht schmeckt, steht auf einem anderen Blatt. Doch seien wir mal ehrlich: Der Beleg, dass auch nur ein einziges kommerzielles journalistisches Angebot im Netz wegen übermächtiger öffentlich-rechtlicher Konkurrenz gescheitert wäre, steht allen Behauptungen zum Trotz bis heute aus.

Steffen Grimberg

Berlin - JVBB News JVBB