Politik will rbb-Staatsvertrag verschieben
Kleinliches Machtspiel verhindert Verbesserungen
Die gestern angekündigte Verschiebung des neuen rbb-Staatsvertrags ist ein Armutszeugnis für die Berlin-Brandenburger Medienpolitik. Denn hier liegt seit langem ein kluger, wenn auch an manchen Stellen noch konkretisierungsbedürftiger Entwurf vor, der einer unserer zentralen gewerkschaftlichen Forderungen Rechnung trägt. Künftig soll der Personalrat auch die Interessen der freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wahrnehmen. Bislang sind die rund 1500 „Arbeitnehmerähnlichen“ von der betrieblichen Mitbestimmung praktisch ausgeschlossen. Dabei sind sie im Fernsehen, Hörfunk und online das Rückgrat des rbb-Programms.
In der Berliner wie der Brandenburger Politik besteht parteiübergreifende Einigkeit, dass diese Lücke geschlossen werden muss. Wenn die Politik nun erklärt, sie wollten lieber die noch für dieses Jahr vom Bund in Aussicht gestellte Novellierung des Bundespersonalvertretungsgesetzes berücksichtigen, ist das ein vorgeschobenes Argument.
Der eigentliche Zankapfel ist vielmehr der künftige Auftrag des rbb, der etwas flexibler gestaltet werden sollte. Konkret geht es darum, ob der heutige Hörfunk mit einigen Programmen auch perspektivisch nur noch online im Internet verbreitet werden könnte. Sich an einer solchen Experimentierklausel aufzuhängen, die zudem nur eine Möglichkeit umreißt und an Bedingungen geknüpft wird, ist nicht gerade konstruktiv.
Hier werden die lange angekündigten Verbesserungen für die freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Faustpfand in einem kleinlichen Machtspiel zwischen Landesregierungen und Parlamentsfraktionen missbraucht. Augenwischerei ist auch das Argument, der von allen 16 Ländern gemeinsam betriebene Prozess zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an sich gewinne gerade wieder an Fahrt und man wolle auch hier die Ergebnisse einbeziehen. Dieser Prozess zu „Auftrag und Strukturreform“ bei ARD, ZDF und Deutschlandradio läuft schon seit 2016/17 und wird sich noch weiter hinziehen. Außerdem müssen sich hier alle 16 Länder einigen, auch hier sind richtigerweise Experimentierklauseln und eine Flexibilisierung des Auftrags vorgesehen. Wenn sich Berlin und Brandenburg schon auf regionaler Ebene nicht einig sind, wie lange wird es dann wohl bundesweit dauern? Im September wird - parallel zum Bundestag - auch in Berlin gewählt. Wie eine neue Landesregierung danach aussieht, weiß heute niemand. Das ganze Verfahren zur Novellierung des rbb-Staatsvertrags müsste von vorn losgehen.
Die Presseerklärung der Landesregierungen von Berlin und Brandenburg zum rbb trägt die Überschrift „Staatsvertrag nur mit klarer Zukunftsperspektive“. Wirklich? Das Scheitern des Staatsvertrags nimmt dem rbb und vor allem den festen und freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern genau diese Zukunftsperspektive. Wir fordern daher die Koalitionen beider Landesregierungen auf, den Streit konstruktiv zu beenden und den rbb-Staatsvertrag noch in diesem Sommer zu novellieren.
Steffen Grimberg