Auseinandersetzung um TV-Doku zu Knabe
rbb stoppt Ausstrahlung
Wer dabei sein konnte, hat es mitbekommen: Unser Get-Together zur Nachfeier des „Langen Atems“ am Mittwoch am Pfefferberg war ein voller Erfolg. Das Wetter hat auch mitgespielt und sich von seiner schönsten spätsommerlichen Seite gezeigt. Juryvorsitzende Ilka Brecht (Frontal21) gratulierte noch einmal der Gewinnerin des ersten Preises, Sophia Wetzke. Sie war für ihren Podcast „Todesfälle im Tempelhofer Künstlerstudio Greenhouse“ im rbb ausgezeichnet worden. Dem Organisations-Team nochmal ganz herzlichen Dank!
Am selbigen Abend sollte im rbb-Fernsehen eigentlich auch eine Dokumentation laufen, deren Thema schon im Vorfeld für Gesprächsstoff gesorgt hatte. "Sondervorgang MeToo“ beschäftigt sich mit den Vorgängen bei der Gedenkstätte Hohenschönhausen, die im November 2018 zur Entlassung ihres langjährigen Leiters Hubertus Knabe geführt haben.
Der rbb hat dann die geplante Ausstrahlung der Doku sehr kurzfristig gestoppt, als bekannt wurde, dass der Autor Maurice Philip Remy in Sachen Knabe schon in der Vergangenheit eindeutig Partei war. So hatte Remy in den sozialen Medien für ihn Partei ergriffen und einen Spendenaufruf für dessen Gerichtskosten unterstützt. Nach eigener Darstellung war dem rbb bei der Beauftragung von Remy bekannt, dass dieser die Entlassung von Knabe kritisch sieht. Er sei aber ganz bewusst geholt worden, um eine weitere Stimme in dieser Debatte abzubilden. Wie sehr Remy aber an Knabes Seite marschierte, sei dem Sender nicht klar gewesen.
Das wirft Fragen auf. Selbstverständlich müssen gerade im öffentlich-rechtlichen Rundfunk alle Meinungen und besonders auch unbequeme Protagonisten zu Wort kommen. Wenn sich ein Sender aber gleich einen ganzen Film liefern lässt, wäre mehr Aufmerksamkeit angebracht.
Zumal Remy alles andere als ein unbeschriebenes Blatt ist. In den 1990er Jahren war er beim ZDF an den „Hitler-Reihen“ von Deutschlands oberstem TV-Historiker Guido Knopp („Hitler, eine Bilanz“, „Hitlers Helfer“ usw.) beteiligt, die von Fachhistorikern oft als tendenziös bewertet wurden. 2013 sorgte seine arte-Dokumentation „Der seltsame Herr Gurlitt“ über den Schwabinger Kunstfund für Kontroversen. Damals waren bei Cornelius Gurlitt, dem Sohn des in der NS- und Nachkriegszeit sehr einflussreichen Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt, tausende Kunstwerke unklarer Herkunft aufgetaucht. Hier wurde Remy vorgeworfen, sich in seiner Dokumentation zum Fürsprecher der Gurlitts zu machen und die Frage der Raubkunst im NS-Regime zu verharmlosen.
Allerdings war es auch Remy, der in seiner Doku und späteren Veröffentlichungen nachwies, dass die ursprüngliche Annahme, es handele sich beim Schwabinger Kunstfund überwiegend um Raubkunst, unzutreffend war.
Wie also weiter mit dem Film über Knabe? Der rbb will die Doku „überarbeiten“, dabei das „Engagement“ des Autors für Knabe im Film klarstellen. Dazu sollte selbstverständlich im Anschluss eine Diskussion gesendet werden. Als neuer Termin ist der 27. Oktober vorgesehen.
Steffen Grimberg