Editorial Newsletter
Spahn, SPIEGEL und schlechte Krisenkommunikation
Steffen Grimberg (Foto: privat)
Ist der Ruf erst ruiniert...
Auch heute stand Gesundheitsminister Jens Spahn wieder im Rampenlicht. In der Bundespressekonferenz fielen von ihm so ungemein erhellende Sätze wie „Nach heutiger Sicht haben wir mit den Beschlüssen vom 8. März schon die Linie überschritten...“ - gemeint war die, die das exponentielle Infektionsgeschehen vielleicht noch hätte aufhalten können. Der einstmalige CDU-Hoffnungsträger Spahn macht nach einem Jahr Krisenmanagement jedenfalls keine besonders krisenfeste Figur.
Was aber nicht besonders auffällt, wenn sich die Kanzlerin mit ihrer verkorksten „Osterruhe“ höchstselbst in den Staub wirft...und Ministerpräsidenten es ihr gleich handvollweise nachtun. Alle sind schuld, nicht nur der zuständige Minister. Verantwortung wird gemeinsam getragen, bloß keine zusätzliche Aufmerksamkeit auf Einzelne lenken. So funktioniert auch Spahns Krisenkommunikation als Gesundheitsminister.
Anders sieht das aus, wenn es über die öffentliche Person Jens Spahn hinausgeht. Gut, die SPIEGEL-Geschichte „Arbeitgeber von Spahns Ehemann verkaufte Masken an Gesundheitsministerium“ entpuppte sich schnell als heiße Luft. Allerdings nicht, weil Spahn sie aufgeklärt hätte. Spahn ließ das Gesundheitsministerium formal dementieren. Andere Journalist*innen recherchierten sauber die Hintergründe: Der Burda-Konzern hatte über eine Unternehmensbeteiligung in Fernost an der Beschaffung von FFP2-Masken mitgewirkt, alle Ausschreibungsregeln wurden eingehalten, keine überteuerten Preise gezahlt, keine Provisionen kassiert. Und vor allem: Spahns Ehemann Daniel Funke, der Burdas Hauptstadtrepräsentanz leitet, war überhaupt nicht involviert. Hätte Spahn also alles selbst abräumen können.
Hat er aber nicht. Nicht der einzige Fall, bei dem sich mal wieder bewahrheitet, dass der Umgang mit einer Sache für die Wirkung oft entscheidender ist als die Sache selbst. Spahn möchte zum Beispiel nicht, dass der Kaufpreis einer Villa in der Zeitung steht, die er 2020 zusammen mit Daniel Funke in Dahlem gekauft hat. Journalisten - unter anderem vom Tagesspiegel - hatten aber beim zuständigen Grundbuchamt nachgefragt, die Antwort bekommen und veröffentlicht. Deshalb ging Spahn presserechtlich gegen den Tagesspiegel vor – und zog erst zurück, als nun alle Medien über den Streit – und den Villenkauf – berichteten.
Die Geschichte ging noch weiter: Seine Anwälte haben vom Grundbuchamt Angaben verlangt, wer aus den Medien das so genau wissen wollte. Macht sich nicht wirklich gut und riecht nach Einschüchterungsversuch. Ist außerdem auch völlig überflüssig: Wer zu Spahns diversen Immobiliengeschäften recherchiert, ist in schönster Regelmäßigkeit den üblichen verdächtigen Medien zu entnehmen.
Dass ein Minister des Bundes an solcher Recherche juristisch Anstoß nimmt, ist befremdlich. Und auch ziemlich dumm. Denn damit lenkt Spahn das Interesse erst recht auf seinen Haus- und zwei weitere Wohnungskäufe. Mal im Ernst: Würden sich wirklich so viele für Spahns Villa interessieren, wenn sein Verhalten nicht den Eindruck erwecken würde, da solle etwas im Verborgenen bleiben? Ach ja, und das Ding hat gut vier Millionen Euro gekostet. Und die Kreditfinanzierung hat die Sparkasse seines Wahlkreises übernommen, bei der er vor einigen Jahren noch im Verwaltungsrat saß.
Steffen Grimberg