Jörg Asmussen, Staatssekreträr im BMAS, beim JVBB
(Wie) sind Arbeit und Familie vereinbar?
Jörg Asmussen, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, beim JVBB, Foto: JVBB
„Das ist ein hartes, ein ökonomisches Thema – und zu genau 50 Prozent ein Männerthema.“ Das war der zentrale Satz von Jörg Asmussen, Staatssekretär im Ministerium von Andrea Nahles, bei seinem gestrigen Besuch im JVBB.
Zum Roundtable des JVBB-Fachforums „Beruf und Familie“ waren nicht nur Mitglieder und andere Journalist/innen gekommen, sondern auch Fachleute aus Personalmanagement, Senatsverwaltung und Schule.Vor Beginn des Roundtables konstitutierte sich das Fachforum „Beruf und Familie“ des JVBB. Gewählt wurden die freie Fernsehjournalistin Minou Amir-Sehhi (Vorsitzende) sowie die MAZ-Redakteurin Marion Bergsdorf (Stv.) und die PR-Frau Eva-Maria McCormack (Stv.).Jörg Asmussen erläuterte am Beispiel seines Bundesarbeitsministeriums, warum neben Unternehmen auch Verwaltungen großes Interesse haben müssten, mit „weichen Faktoren“ Personal zu locken und zu halten: „Qualifizierte Bewerber werden knapper – und im öffentlichen Dienst gibt es angesichts starrer Gehaltsstrukturen kaum individuelle finanzielle Anreize.“Asmussen hatte vor gut einem Jahr Aufsehen erregt, als er seinen prominenten Posten als deutscher Vertreter im Direktorium der Europäischen Zentralbank in Frankfurt aufgab, um in Berlin nicht mehr nur Wochenend-Vater seiner beiden Töchter zu sein. Diese öffentliche Begründung, sagt Asmussen, sei ganz ehrlich gewesen. Den Grund zu verheimlichen, hätte ansonsten Spekulationen ausgelöst, er ginge im Streit mit dem EZB-Präsidenten Mario Draghi - wie andere vor ihm. Nein, er wollte wirklich das Pendeln beenden, auch wenn der neue Job im Arbeitsministerium ebenfalls 60-70 Wochenstunden bedeute.Auf Dauer, so seine These, brauche es nicht nur mehr Kitas und neue Regeln im Arbeitsleben, sondern einen ganzen „Kulturwandel“. Betriebskindergarten seien gut, lösten aber nicht das Problem der Betreuung kranker Kinder – weil grippekranke Kinder nicht in die Kita dürfen. In der Diskussion wurde eingeworfen, dass die gesetzlichen zehn Freistellungstage für Eltern im Jahr meist nicht ausreichen – die skandinavischen Ländern seien da viel großzügiger.Teilzeitarbeit als Lösung, so ergab die Debatte, ist auch kein Allheilmittel für Eltern. Asmussen hält sie für „weitgehend ausgereizt“. Wenn an keinem Wochentag sich alle Mitarbeiter einer Arbeitsgruppe mehr treffen könnten, leide die Kommunikation. Diskutanten, die eine stärker individuelle Flexibilisierung nach den wechselnden Bedürfnissen von Eltern forderten, bekamen auch das Gegenargument zu hören: Je flexibler in einer Gruppe auf Eltern eingegangen werde, umso mehr Lasten – z.B. Spätschichten und Wochenendarbeit – müssten die anderen Kolleg/innen tragen. Auf Dauer plädiere er für flexiblere Arbeitszeiten, je nach Lebensphase – einschließlich der Späteren, wenn pflegebedürftige Eltern zu betreuen seien.Mit diskutierte auch Britta Sembach, Ko-Autorin des Buches "Die Alles ist möglich-Lüge. Wieso Familie und Beruf nicht zu vereinbaren sind.“ Das Thema der Unvereinbarkeit sei jetzt immerhin in der Gesellschaft angekommen, meint sie. Jetzt solle man in die nordischen Ländern schauen, bei denen die Gesellschaft in ganz anderer Weise die Lasten trage, um Beruf und Familie für alle vereinbar zu machen.Jörg Asmussen erwartet für den nächsten Bundestagswahlkampf eine Auseinandersetzung darum, wie auch für die nächste Generation investiert werden soll. Auf die Abschlussfrage der Moderatorin, was er sich für seine beiden Töchter wünsche, wenn sie als Erwachsene mit Familie und/oder Beruf konfrontiert seien, war seine Antwort kurz und knapp: „Dass das Thema hinter ihnen liegt.“(20.02.15, Michael Rediske)