In eigener Sache und:
Zum Tod von Peter Merseburger
Heute ein Editorial in eigener Sache. Da ist zunächst unser Preis „Der lange Atem“. Auch im vergangenen Jahr hat die Verleihung stattgefunden - der Pandemie wegen allerdings hybrid aus dem Fernsehstudio von Alex Berlin. Ich freue mich riesig, dass wir diesmal wieder gemeinsam feiern können: am 28. April in der Akademie der Künste am Pariser Platz. Mit allen Nominierten, vielen Gästen, unseren Sponsoren, und vor allem mit Euch, unseren Mitgliedern. Die Vorjury arbeitet bereits. Soviel sei verraten: In diesem Jahr gibt es eine Rekordzahl an Einreichungen, aus allen Bereichen und Medien. Ich bin schon gespannt, wer hier den längsten Atem hat.
Die nächste Mitgliederversammlung wird in der ersten Maihälfte stattfinden. Im November war schon alles vorbereitet, das Hotel mit abstandsgemäßem großem Saal gebucht. Doch dann haben wir angesichts rasant steigender Infektionszahlen uns schweren Herzens entschieden, den Termin zu verschieben. Ich bin überzeugt: Diese Entscheidung war richtig. Anfang Mai haben wir allen Prognosen zufolge relativ große Sicherheit. Ich freue mich auf spannende Diskussionen über die anstehenden Herausforderungen für den DJV insgesamt und unseren Landesverband.
Apropos Herausforderungen: Zu diesen gehörten auch die jüngsten Verhandlungen um den Tarifvertrag für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen, die diese Woche abgeschlossen werden konnten. Gestern hat der DJV-Gesamtvorstand als große Tarifkommission diesen Abschluss einstimmig angenommen. Unter Bedingungen von Corona und sinkenden Zeitungsauflagen kein gutes Ergebnis, aber ein „annehmbarer Kompromiss“ wie unser Verhandlungsführer Stefan Endter, Geschäftsführer des DJV Hamburg, es genannt hat. Ihm und seinem Verhandlungsteam gebührt ein großes Lob. Alle näheren Informationen hier.
Zum Schluss noch eine traurige Nachricht: Am Dienstag ist unser langjähriges Mitglied Peter Merseburger verstorben. Er verkörperte wie kaum ein anderer den Prototyp des unabhängigen und damit auch aneckenden Journalisten. In der DDR kam der Mann aus Zeitz wegen illegalen Plakatklebens für die Ost-CDU ins Gefängnis. Nach der Übersiedlung in den Westen arbeitete er beim Spiegel, wurde dann in den 1960er Jahren Leiter und Moderator des NDR-Nachrichtenmagazins Panorama. Hier zeigte Merseburger klare Kannte - selten auf Seiten der CDU. Der galt er als Inbegriff eines „Rotfunks“. Den anderen aber als Aufklärer und Wegbereiter einer neuen Zeit, gemäß dem Willy-Brandt-Motto „Mehr Demokratie wagen“.
Als Fernsehchefredakteur des NDR schien er schon auf der klassischen ARD-Laufbahn hin zu Direktions- und Intendantenweihen, da verblüffte er alle: Er hängte die Funktionärskarriere an den Nagel und wurde Korrespondent – in Washington und London, und vor allem in Ost-Berlin. Von 1982 bis 1987 sorgte er für ein vielschichtigeres Bild der DDR im Ersten (West-)Deutschen Fernsehen. Nach seinem Ausscheiden aus der ihm wohl zu beamtenhaft-verkrustet erscheinenden ARD im Jahr 1991 schrieb er Biografien: darunter auf 900 Seiten das Standardwerk über Willy Brandt , Untertitel „Visionär und Realist“. Nun hat sich ein großes Journalistenleben vollendet. Für Merseburger gilt, was er einst bezogen auf „Spiegel“- Gründer Rudolf Augstein schrieb: Die Bundesrepublik wäre anders ohne ihn und sein „Panorama“.
Steffen Grimberg